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Grundstückverwertung

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Doppelaufruf

Rechtsgebiet:
Grundstückverwertung
Stichworte:
Grundstückverwertung
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Der Doppelaufruf berücksichtigt die Grundpfandgläubigerinteressen aus dem sachenrechtlichen Altersprioritätsprinzip und ist eine Besonderheit der Grundstücksteigerung. Er untersteht folgenden Kautelen:

Definition

  • Doppelaufruf   =   Getrennte Ausrufe, einmal mit und ohne nachgehende Rechte oder einmal mit bestrittenem und ohne bestrittenes Recht oder einmal Grundstück mit Zugehör und einmal ohne, im Hinblick auf die Ermittlung des höchsten Angebotes

Grundlagen

Doppelaufruf-Arten (3)

  • Nachgehende Rechte
  • Von einem Gläubiger mit Erfolg bestrittener, vom Schuldner dagegen durch Nichtbestreitung anerkannter Anspruch
  • Zugehör

Nachgehende Rechte

Definition

  • Nachgehende Dienstbarkeit, Grundlast oder nachgehendes vorgemerktes persönliches Recht

Grundlagen

Voraussetzungen

  • Berechtigter
    • Grundpfandgläubiger, dessen Vorrang gegenüber der Last aus dem Grundbuch hervorgeht
  • Verlangen
    • Der Grundpfandgläubiger mit Vorrang kann verlangen, dass der Ausruf einmal mit und einmal ohne die später begründete Last erfolgt
  • Erklärungsfrist
    • innert 10 Tagen seit Mitteilung des Betreibungsamtes
  • Nicht erfüllte Voraussetzungen
    • Stattgabe des Begehrens um Doppelaufruf nur,
      • wenn der Inhaber des nachgehenden Rechts den Vorrang des Grundpfandgläubigers anerkennt oder
      • mangels Anerkennung der Grundpfandgläubiger innert 10 Tagen seit Mitteilung des Lastenverzeichnisses Klage auf Feststellung des Vorrangs erhebt (vgl. SchKG 142 Abs. 2; Anwendungsfall der Lastenbereinigungsklage)

Ausrufung

  • Erstaufruf
    • mit der Last (vgl. VZG 56)
    • Höchstangebot erbringt Deckung auch für die Forderung
      • Kein Zweitaufruf ohne Last
      • Zuschlag mit der LastVgl. auch BGE 81 III 61 ff.
    •  Höchstangebot bringt keine Volldeckung des den Doppelaufruf begehrenden Grundpfandgläubigers
      • Zweitaufruf oder
      • Löschungsabwehr durch den Berechtigten des jüngeren Rechts
          • Der aus einem jüngeren Recht Berechtigte kann die Löschung seines Rechtes verhindern, indem er beim ersten Ausruf denjenigen Betrag bezahlt, der zur Befriedigung des den Doppelaufruf verlangenden Grundpfandgläubigers notwendig ist (vgl. VZG 56)
              • Diesfalls bleibt die Last bestehen und es wird die Last dem Ersteigerer überbunden (vgl. VZG 56)
              • Vgl. auch BGE 81 III 61 ff.
  • Zweitaufruf (bei ungenügendem Angebot)
    • ohne Last (vgl. VZG 56)
    • höheres Angebot als beim Erstaufruf
      • Zuschlag ohne Last
      • Grundpfandgläubiger kann Löschung der nachgehenden Last im Grundbuch verlangen
        • Ein allfälliger Erlösüberschuss nach Befriedigung des vorgehenden Gläubigers gelangt bis zur Höhe des Wertes der Last dem Berechtigten als Entschädigung (vgl. SchKG 142 Abs. 3)
        • Ein Streit über die Höhe ist im Kollokationsverfahren zu entscheiden (vgl. BGE 132 III 539)
    • Erbringt der Zweitaufruf keinen höheren Erlös, so wird dem Höchstbietenden des Erstaufrufs unter Überbindung der Last zugeschlagen

Von einem Gläubiger mit Erfolg bestrittener, vom Schuldner dagegen durch Nichtbestreitung anerkannter Anspruch

Definition

  • Von einem andern Gläubiger im Lastenbereinigungsverfahren mit Erfolg bestrittenes Recht, welches vom Betreibungsschuldner durch Nichtbestreiten anerkannt wurde

Grundlagen

Voraussetzungen

  • Berechtigter
    • Ansprecher, dessen Recht zwar von einem anderen Gläubiger mit Erfolg bestritten wurde, nicht aber vom Betreibungsschuldner
  • Verlangen
    • Der Ansprecher kann verlangen, dass der Aufruf sowohl mit als auch ohne die bestrittene Last erfolgt
  • Erklärungsfrist
    • innert 10 Tagen seit Mitteilung des Betreibungsamtes

Ausrufung

  • Erstaufruf
    • mit bestrittenem Anspruch (vgl. VZG 56)
    • Höchstangebot erbringt Deckung auch für die Forderung
      • Kein Zweitaufruf ohne bestrittenen Anspruch
      • Zuschlag mit bestrittenem Anspruch
    • Höchstangebot bringt keine Volldeckung des den Doppelaufruf begehrenden Grundpfandgläubigers
      • Zweitaufruf oder
      • Löschungsabwehr durch den Berechtigten des jüngeren Rechts
        • Der aus einem jüngeren Recht Berechtigte kann die Löschung seines Rechtes verhindern, indem er beim ersten Ausruf denjenigen Betrag bezahlt, der zur Befriedigung des den Doppelaufruf verlangenden Grundpfandgläubigers notwendig ist (vgl. VZG 56)
            • Diesfalls bleibt die Last bestehen und es wird die Last dem Ersteigerer überbunden (vgl. VZG 56)
            • Vgl. auch BGE 81 III 61 ff.
  • Zweitaufruf (bei ungenügendem Angebot)
    • ohne Last (vgl. VZG 56)
    • höheres Angebot als beim Erstaufruf
      • Zuschlag ohne bestrittenen Anspruch
      • Grundpfandgläubiger kann Löschung des bestrittenen Anspruchs im Grundbuch verlangen
        • Ein allfälliger Erlösüberschuss nach Befriedigung des vorgehenden Gläubigers gelangt bis zur Höhe des Wertes der Last dem Berechtigten als Entschädigung (vgl. SchKG 142 Abs. 3)
        • Ein Streit über die Höhe ist im Kollokationsverfahren zu entscheiden (vgl. BGE 132 III 539 per analogiam)
    • Erbringt der Zweitaufruf keinen höheren Erlös, so wird dem Höchstbietenden des Erstaufrufs unter Überbindung des bestrittenen Anspruchs zugeschlagen

Zugehör

Definition

  • Zugehör-Verpfändung

Grundlage

Voraussetzungen

  • Berechtigter
    • Einer der am Betreibungsverfahren Beteiligten
  • Verlangen
    • Auf Verlangen des Beteiligten
  • Erklärungsfrist
    • innert 10 Tagen seit Mitteilung des Betreibungsamtes

Ausrufung

  • Erstaufruf
    • Grundstück und Zugehör getrennt
  • Zweitaufruf
    • Grundstück und Zugehör zusammen
  • Übersteigt das Gesamtangebot die Summe der Einzelangebote, so ist das Gesamtangebot zuzuschlagen und es bleiben die Einzelangebote unberücksichtigt

Nicht vorgemerkte Miet- bzw. Pachtverhältnisse

Grundsatz „Kauf bricht Miete bzw. Pacht nicht“ (OR 261 Abs. 1 bzw. OR 290 + LPG 14)

  • Bei der Zwangsvollstreckung ist dieser sonst für freiwillige Handänderungen gültige Grundsatz ebenfalls anwendbar

Ausnahme

  • Beeinträchtigung der Werthaltigkeit des Pfandobjekts durch langfristige Vermietung oder Vermietung mit marktunüblich niedrigem Mietzins
  • Analoge Anwendung des Doppelaufrufs auf nicht vorgemerkte, wertmindernde Miet- oder Pachtverhältnisse (vgl. BGE 125 III 123 ff.)
    • Im Doppelaufruf-Fall kann der Ersteigerer, vorausgesetzt die Last wird „gelöscht“ (Löschung nicht im eigentlich Sinn, da keine Vormerkung besteht), den auf ihn übergegangenen Mietvertrag bzw. Pachtvertrag auf den nächstmöglichen gesetzlichen Termin kündigen, ohne dass er die Einschränkungen von OR 261 Abs. 2 bzw. LPG 15 beachten muss

Weiterführende Informationen

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